Dienstag, 23. Oktober 2012

Goldenes Brett vor'm Kopf

Die Verleihung des Goldenen Brettes 2012 habe ich vor Ort mitverfolgt, allerdings nur eine Zeit lang. Ich habe mir zumindest einen gewissen Unterhaltungswert erwartet, jedenfalls von den "Laudatoren". Meine Erwartungen waren hoch weil ich voriges Jahr im NHMW eine hervorragende Veranstaltung zum Thema "Aberglaube Aktuell" erlebt habe. Das "Goldene Brett" war, vorweg gesagt, enttäuschend. Und die "Honoratioren" waren, soweit vertreten, besser als erwartet und vor allem unterhaltsamer.

Und das sage ich obwohl ich absolut keine Sympathie für wissenschaftlich verbrämten Nonsens empfinde, ganz im Gegenteil.
Die vorsätzliche Verblödung der Menschheit zu bekämpfen finde ich gut und wichtig. Ob das "Goldene Brett" hier den gewünschten Beitrag erzielt bin ich mir nicht sicher.

Bildquelle: www.goldenesbrett.at
Die Gesellschaft für Kritisches Denken (GKD) ist die Wiener Lokalgruppe der GWUP (Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften). So weit, so gut. Was erwartet man von diesen beiden programmatischen Titeln? Kritisches Denken und wissenschaftliche Untersuchungen.

Nominiert und als Finalist präsentiert wurde die Ärztekammer. Die "Laudatio" habe ich größtenteils verpasst. Ich bin gerade zum bonmot vom Handauflegen und Handaufhalten zurecht gekommen. Laut Homepage des Goldenen Bretts punktete die Ärztekammer mit "fehlender Berührungsangst zu haarsträubenden Therapiemethoden". Das Sträuben der Haare ist wohl kaum als objektives Argument zu sehen, und gerade die Berührungsangst wäre IMHO ein Zeichen der Schwäche. Wesentlich sympathischer klang das Gegenargument des Vertreters der Ärztekammer der meinte wenn es wirkt sei es egal warum es wirkt. Der "Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften" stünde es meiner Meinung nach besser zu Gesicht, wissenschaftliche Untersuchungen zu präsentieren.

Außerdem ist bekannt (= ich habe vergessen wo ich es gelesen habe) dass ein teures Placebo besser wirkt als ein billiges. Und das ist, ebenso wie der Placebo-Effekt an sich, wissenschaftlich erwiesen. Auch ein Placebo-Effekt ist eine Wirkung, und zwar eine erwünschte. Handauflegen und Handaufhalten gehören vielleicht wirk-lich zusammen.

Nominiert und ebenfalls als Finalist präsentiert, oder besser gesagt auf plumpe Art lächerlich gemacht, wurde Dieter Broers. Auf der Homepage des Goldenen Brettes wurde immerhin auf eine informative und sachlich formulierte Stellungnahme von Florian Freistetter verlinkt, der sich wirklich mit dem Autor und seinen Formulierungen auseinander gesetzt hat. Besonders imposant finde ich die von Florian Freistetter gegenüber gestellten einander widersprechenden Zitate aus Broers' 2012-Prophezeiungen. Diese Stellungnahme habe ich vorher gelesen und war von der Präsentation im Naturhistorischen Museum enttäuscht.

Der Tiefpunkt war für mich erreicht als Prof. Walach ohne sachliche Argumentation, dafür aber mit fäkal-Vokabular abgekanzelt wurde. "Der Bullshit wird durch die Universität gepumpt was zur Folge hat dass auch die Universität stinkt". Auf der Homepage des Goldenen Bretts liest man das Argument dass Walach auch die wissenschaftliche Methodik selbst kritisiert, etwa die Verwendung von randomisierten Studien. Man erfährt weiters dass die Universität als „Hogwarts an der Oder“ zum Gespött der Medien wurde, was der "Laudator" als Aufhänger für seine Ausführungen nahm.

Nun, wenn ich so ein bisschen den Google  beschäftige dann finde ich die vom Laudator hauptsächlich kritisierte Masterarbeit über den "Kozyrev-Spiegel" und erfahre: "Gegenstand der intuitiven Prüfung sind die 10 Ziffern von 0 bis 9 in einer Doppelblindstudie Spiegel gegen Imitat." Ohne auf den subjektiv unprofessionellen Eindruck einzugehen den dieser amateurhaft-naive und von offensichtlichen Fehlern durchsetzte Aufsatz hinterlässt, komme ich zu folgendem Schluss:

Wenn er selbst nicht die wissenschaftliche Methodik kritisiert sondern eine Doppelblindstudie anbietet, was in der pseudowissenschaftlichen Szene alles andere als selbstverständlich ist, so erwarte ich doch von einer "Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften" dass sie eben diese Studie wiederholt und dadurch die (soweit ich es sehen konnte und wie Walach's späteres Zurückrudern zeigt) mehrdeutig und schwammig gehaltene Aussage konkretisiert. Und widerlegt oder eben auch bestätigt, das darf ja vor dem Versuch nicht ausgeschlossen sein.

Oder hat diese Gesellschaft die von ihr selbst an anderer Stelle geforderte Berührungsangst? Als ob sie ihrer Sache nicht sicher wäre? Hat sie sich von ihren Gegnern bereits die Methode angeeignet Argumente durch Rhetorik zu ersetzen? Ich halte es nicht für ratsam sich in dieser Disziplin mit den Esoterikern messen zu wollen. Die können das besser, wie man gleich darauf erleben konnte: 

Bemerkenswert war nämlich die Antwort die Walach verlesen ließ. Er verstand es auf humorvolle Weise, Kritik scheinbar in Zustimmung zu verwandeln und seine Gegner ins out zu stellen. Klar: Wissenschaft wird einem Scharlatan rhetorisch nicht das Wasser reichen können. Ich schließe keineswegs aus dass er ein Scharlatan ist, ich kritisiere nur die Art der Präsentation und frage ob sie im Sinne der Intention der Veranstaltung kontraproduktiv war.

Walach empfahl seinen Kritikern, die gute Arbeit fortzuführen, das nichts-tun zu meiden, immer nur die gleichen Quellen zu lesen, ja keine Achtsamkeitsmeditation zu praktizieren und nur ja nicht den eigenen Atem zu beobachten (was in fernöstlichen spirituellen Praktiken ein zentrales Thema ist (Anm.)). Er verlieh auch seinerseits einen Preis, nämlich die silberne Schere, mit der man alles von sich fernhalten sollte was das wissenschaftlich beschränkte Weltbild gefährden könne.

Solchermaßen die Spiritualität für sich zu reklamieren und etablierte Wissenschaft für dumm zu verkaufen verdient Respekt - Alle Achtung! Auf diesem Gebiet kann er was. Vor solchen Leuten muss die Menschheit gewarnt werden - was wohl das Ziel der Veranstaltung hätte sein sollen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen